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Du kannst das Negative nicht weg meditieren!

 

Immer mal wieder werde ich gefragt, wie es denn so sei, in dieser „Esoterik-Szene“ unterwegs zu sein. Meine Antwort: Ich habe keine Ahnung und es interessiert mich, um ehrlich zu sein auch nicht.

Natürlich würde man der Einfachheit halber gerne alle über einen Kamm scheren. Aber nicht jeder der auf seinem spirituellen Weg ist und sein Wissen an andere weiter gibt, muss zwangsläufig auch ein fröhlicher Anhänger (und Mitläufer) der Mainstream-Eso-Bewegung sein.

 

Und wer nun glaubt, sowas wie Neid oder Missgunst aus meinen Worten zu lesen, dem möchte ich sagen, dass dem bestimmt nicht so ist. Jeder soll doch bitte schön so, wie es ihm gefällt. Nur muss man nicht erwarten, dass ich da zwangsläufig ins gleiche Horn blasen werde. Und auch wenn es finanziell bestimmt reizvoll ist, ganze Säle und Stadien mit „Anhängern“ zu füllen, meins ist es trotzdem absolut nicht.

Dieser schillernde, auf hochglanzpolierte Happiness-Lebensstil mag verlockend aussehen. Ein bisschen für den Weltfrieden meditieren, ein paar Slimyoga-Übungen und anschliessendes detox-philosophieren bei einem veganen Kräutertee.

 

Was ich an dieser „Szene“ aber wirklich erschreckend finde ist die Grundhaltung, dass man nur positiv genug zu denken brauche und alles würde gut werden. Keiner dieser „Lehrer“ spricht über das Negative oder gar das Böse. Viele von ihnen verleugnen sogar, dass es das überhaupt geben soll. Und falls jemandem doch mal etwas Schlechtes widerfahren sollte, ist er wohl selber schuld weil er bestimmt nicht positiv genug eingestellt war. (Prinzip der Resonanz und so)

 

Wenn ich mir aber einige dieser „Speaker“ und „Heiler“ ansehe, so denke ich manchmal, dass das "Schlechte" eben gerade auf der Bühne steht und grosse Reden schwingt. Ihre Energie ist niedrig, sie predigen Wasser und trinken selber Wein. Manche von ihnen sind von Fremdenergien beeinflusst während sie munter und überzeugend über eine bessere Welt berichten. Viele von ihnen können sich glücklich schätzen, dass ihre Anhänger ihre Energie eben (noch) nicht sehen oder wahrnehmen können / oder wollen.

 

Wie in vielen anderen Lebensbereichen, so scheint auch in der Esoterikszene die Gier  und die Bequemlichkeit um sich zu greifen. Bei vielen dieser Angebote (zum Glück bei weitem nicht bei allen!) geht es nicht mehr wirklich um Heilung oder spirituelle Entwicklung sondern ums Bankkonto.

 

So werden Ausbildungen immer kürzer (dafür teurer), das meiste lässt sich heute schon bequem von zuhause aus lernen damit keiner von beiden (Lehrer und Schüler) überhaupt erst das Haus verlassen muss.  Und nach 6 Webinaren bekommt man per Mail (sonst müsste ja noch einer zur Post gehen) die Bestätigung, dass man jetzt eben dieses oder jenes sei und dies auch gerne an Klienten ausprobieren könne. Und ich wähle bewusst das Wort ausprobieren weil es schlicht und einfach nichts anderes ist. Man hat an einem Wochenendkurs ein bisschen was mitgekriegt und preist das am nächsten Tag gleich in der Praxis an.

 

Immer mehr Menschen finden Gefallen am spirituellen Weg, meist auch mangels Alternativen die ihre Unzufriedenheit zu dämpfen vermag. Aber wie in vielen anderen Lebensbereichen, schleichen sich auch in diesem die Bequemlichkeit und das masslose Konsumverhalten ein.  Man möchte gerne spirituell sein, am besten noch gleich auf dem Pfad der Erleuchtung, und man möchte dafür möglichst nichts tun müssen.

 

Ein Beispiel:

Ich biete die Ausbildung zum ISA Coach an (intuitives systemisches Aufstellen). Was das genau ist findest Du hier, darum geht es jetzt nicht.

Jemand kam also auf mich zu und bekundete Interesse an der Ausbildung. Während des Gesprächs fragte sie mich, ob es denn nicht möglich wäre, die Ausbildung auch in kürzer Zeit zu absolvieren denn sie möchte – Zitat: so schnell wie möglich anderen helfen können.

Ich erklärte ihr, warum wieso und weshalb die Ausbildung genau so richtig ist, wie sie eben ist und war kaum noch überrascht, als dann folgende Frage gestellt wurde: „Ist es denn wirklich nötig, dass ich während der Ausbildung so viele eigene Themen anschauen und bearbeiten soll?“

 

Wie Du Dir vorstellen kannst, ist diese Person keine Teilnehmerin der Ausbildung geworden.  :-) Dieses Beispiel verdeutlicht aber, dass auch in der spirituellen Welt längst die Bequemlichkeit Einzug gehalten hat.

Konsumieren ja, aber bestimmt nicht bei sich selber hinschauen. Könnte ja unangenehm werden oder würde einem plötzlich klar machen, dass man selber dafür noch etwas TUN müsste…. (Bin jetzt fertig mit Sarkasmus)

 

Und weil sich das Angebot an der Nachfrage orientiert ist es auch nicht weiter erstaunlich, dass immer mehr Coaches / Speaker / Heiler/ etc auf dieses Weichspühl – Wohlfühl – Pferdchen aufspringen und damit das grosse Geld machen…

 

Und wenn Du bis hierhin gelesen hast, erstaunt es Dich wohl auch kaum mehr, dass alles was unbequem, negativ oder eben „schlecht“ ist, schon gar nicht mehr zum Thema gemacht wird. Könnte ja noch was zu tun geben. (Sorry, doch noch nicht fertig)

 

Aber man braucht sich die Welt da draussen nur einmal anzuschauen und schon springt einem das Negative mitten ins Gesicht. Man kann das Schlechte nicht einfach weg meditieren! Wir leben in einer Welt der Dualität, es gibt dunkel und hell, süss und salzig, Tag und Nacht, männlich und weiblich. Und zu guter Letzt demzufolge auch Gut und Böse.

 

Versteh mich bitte richtig: Diese Begriffe sind keinesfalls in Stein gemeisselt sondern immer eine Frage der Interpretation. Und was für den einen grundschlecht ist, ist vielleicht des anderen Lebenssinn. Man denke da nur an die verschiedenen Religionsrichtungen bei denen jeder, auf beiden Seiten, der Überzeugung ist er habe den einzig „richtigen“ Glauben. Auch die Definition von Gut und Böse ist höchst unterschiedlich, für mich jedoch unbestritten, dass es diese beiden gegensätzlichen Pole gibt.

 

Und so bin ich immer etwas verwundert über dieses Weichspül-Erleuchtungsprogramm das sich immer grösserer Beliebtheit erfreut. Friede, Freude und ein wenig Bieryoga (ja das gibt’s tatsächlich). Ein bisschen Heilfasten (nicht während der Bieryogawoche bitte schön!) und drei Mal OM singen und schon wird alles gut.  In einem vier Wochen Onlinekurs wird man bequem von zu Hause aus zum "kompetenten" Medium und während einer Onlinesitzung (mit Gratis Tarotkarte) werden all Deine Probleme gelöst und wirst frei und glücklich bis an Dein Lebensende. (doch noch nicht fertig mit Sarkasmus)

 

All die dunklen Seiten, die Blockaden und Abgründe werden mit ein paar positiven Affirmationen überpinselt und schon fühlt man sich besser.  Aber wie so oft gepredigt, ist das Äussere nur ein Spiegel des Inneren. Und wir alle sind miteinander verbunden.

 

Wenn man das Negative im Aussen wirklich anschauen und annehmen würde, so müsste man sich demzufolge auch fragen, wovon dies denn im Inneren ein Spiegel ist. Wo ist das Negative in jedem von uns? Und wenn man sich solche Fragen stellt, wird es meist ungemütlich, vielleicht schmerzhaft, aber ganz bestimmt nicht Happiness-Flow mässig.

 

Bevor ich anfing, mich mit der Kehrseite der Medaille zu befassen, fand ich den Begriff des „Lichtkriegers“ immer irgendwie aggressiv und deplatziert.  Schliesslich ist es doch stets so friedlich und harmonisch in dieser Esoteriklandschaft?!

 

Heute weiss ich, dass das Wort "Krieger" der passendste Begriff ist, den es überhaupt gibt. Denn es ist Krieg. Ein Krieg zwischen Gut und Böse da draussen in der Welt,  genauso wie in unserem Inneren.

 

Um dies klar zu stellen: Positives Denken ist äusserst wichtig und beeinflusst Deinen Weg entscheidend! Und gemäss dem Prinzip der Anziehung ist es auch mehr als sinnvoll, seinen Fokus auf das Positive zu richten! Allerdings finde ich es doch recht einfältig, dass man nur positiv genug denken müsse und wir würden alle fröhlich im Paradies und in absoluter Harmonie Bieryoga praktizieren.

 

Es ist eine Zeit der Dunkelheit. Sieh dir die Welt da draussen an. Und es geht um unsere eigenen Schattenseiten. Wer sich mit seinen eigenen Abgründen nicht auseinandersetzt sondern sie lediglich ignoriert oder überdeckt, findet schliesslich den einfachen Weg ins Weichspül-Happiness-Wunderland. Was Du dort finden wirst, bist aber nicht du selbst, nicht Dein wahres Ich,  sondern nur ein bequemer Schein von „Zufriedenheit“ damit man sich mit dem tatsächlichen gar nicht auseinander setzen muss…

 

Und die Moral von der Geschichte?

Sich spirituell  weiter zu entwickeln und an sich selbst zu arbeiten ist, wie es der Name schon sagt eben auch „Arbeit“. Das ist nicht immer Flow und Peace und Happiness. Jeder der Dir etwas anderes erzählt ist meiner Meinung nach, selber gar nicht auf seinem Weg.

(Jetzt bin ich fertig mit Sarkasmus)  

 

Anmerkung von Nicole:

Wir befinden uns in einem Wandel, einem Aufstieg oder Dimensionswechsel, wie auch immer Du das am liebsten nennen möchtest. Und auch wenn es in diesem Beitrag vielleicht nicht so deutlich wird, bin ich der festen Überzeugung dass wir auf dem "richtigen" Weg sind! Es verändert sich alles. Dinge kommen an die Oberfläche, Transformation geschieht. Und das alles ist nötig und gut so!!

 

Nur bin ich eben auch der Meinung, dass dies oft nicht so einfach, bequem und detoxmässig vonstatten geht, wie das heute gerne verkauft wird.

So. Darum dieser ellenlange Text bei dem Du Dich durchgekämpft hast.

Bravo an dieser Stelle dafür, und das meine ich völlig Sarkasmus-frei.

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Kommentare: 4
  • #1

    Rita (Donnerstag, 06 Dezember 2018 14:20)

    Liebe Nicole, ich finde deinen Text sehr interessant und aufschlussreich. Nur bist Du auch nicht die Einzige auf der Welt, welche Aufstellungsseminare/Ausbildung anbietet und ich denke, die werden auch etwas kosten. Zudem bin ich auch der Meinung, dass mit regelmässiger Heilarbeit auch Sachen aufgearbeitet werden können. Dass aber der Heiler, vorallem zuerst an sich bevor an den Klienten anfangen sollte, sehe ich auf alle Fälle auch so.
    Lieber Gruss Rita

  • #2

    Nicole (Donnerstag, 06 Dezember 2018 14:57)

    An Rita: Liebe Rita, danke für Deine Meinung.
    Aber wie kommst Du darauf, dass ich behaupten würde ich sei die einzige die systemische Aufstellungen anbietet? ;-)
    Auch ich tue das übrigens nicht gratis sondern bestreite meinen Lebensunterhalt damit. (Aber ich arbeite nicht um immer mehr Nullen auf mein Bankkonto zu kriegen.) Und ich "verschenke" immer mal wieder meine Zeit und mein Wissen, so wie es mir möglich ist.

    Heilarbeit ist wunderbar und jedem zu empfehlen! Genau gleich wie ganz viele andere Angebote im esoterischen / spirituellen Bereich. Allerdings fällt mir auf, dass viele Menschen auch in diesem Bereich lieber einfach konsumieren würden anstatt hinzuschauen. Das will ich mit dem Beitrag eigentlich sagen. Und ich möchte darauf hinweisen, dass man bei der Wahl der Kurse / Ausbildungen etc. auf sein Bauchgefühl hören sollte, weil auch da längst nicht alles Gold ist was glänzt.

  • #3

    Marc (Freitag, 04 Januar 2019 20:30)

    Hallo Rita, ich finde deine Botschaft gut und mutig. In der Regel ist es ein intensiver und langer Weg, aber auch ein sehr Erfahrungsreicher. Der Yoga-Trent finde ich gut; für viele ein Anfang. Auch Gottesdienste sind teilweise sehr effektive.

  • #4

    Katja (Dienstag, 07 Januar 2020 11:46)

    Liebe Nicole,
    Ganz lieben Dank für diesen ehrlichen Text, der alles so genau auf den Punkt bringt.
    Liebe Rita,
    Ich habe das Gefühl, dass Du Nicole's Text entweder irgendwie missverstanden oder gar nicht vollständig durchgelesen hast. Das ist nicht böse gemeint, aber halt mein Eindruck.